Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

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Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Samstag, 16. März 2024

Der Schwan

"Idylle sur le Lac d'Amour" Maurice Dubois
Quelle:
Maurice Dubois, Les Peintres du XXème siècle (1926)
Fotograf unbekannt; Foto vom 25.07.2020; via Wikimedia Commons:

Liz.: CC BY-SA 4.0

 

Der Schwan

Er wollte sich so gern vermählen.
Der Frühling kam und auch die Lust,
Doch fand er keine Herzensdame,
Er seufzte tief aus Schwanenbrust.

Doch endlich sah er eine Schöne.
Sie war sehr stattlich anzusehn.
Die war die Seine, keine Frage,
Er würde nicht im Schatten stehn.

Er folgte täglich ihren Spuren,
Ganz gleich, wohin sie sich begab,
Nur leider zog sie unbeeindruckt
Den See hinauf und auch hinab.

Der Schwan litt große Liebesqualen,
Er fraß nicht mehr und ließ sich gehn,
Ein Trauerschwan war er geworden.
Das Elend konnte jeder sehn.

Es kam der Herbst mit kühlen Tagen
Er folgt‘ noch immer ihrer Spur.
Doch eines Morgens war die Schöne
Verschwunden. Nein, wo war sie nur?

Ein alter Schwan nahm ihn beiseite,
Nahm ihn zur Brust und machte klar,
Dass seine heißgeliebte Schwänin
Ein rosarotes Tretboot war.

© A. Weinhart

Freitag, 8. März 2024

Frühling – mit Blaumeise

 

Foto: Arnstein Rønning: Blaumeise im Nest (22.05.2010; Larvik, Norwegen)
via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 3.0

Frühling in heutiger Zeit

Der Frühling beginnt stets im Märzen,
das Lüftchen weht linder und lauer,
zwar aufgelegt ist man zum Scherzen –
doch arbeiten muss nun der Bauer.

Die Blumen, ob Tulpen, Narzissen –
sie wagen sich mutig hervor,
die Frühlingsnatur lässt sie wissen:
der Frühling steht wieder vorm Tor.

Die Meisen, sie bauen sich Nester –
bereiten sich vor auf die Brut,
dazwischen im Vogelorchester
da piepsen sie lautstark um Mut.

Wie wär's, wenn wir mit ihnen stimmen
und sängen dem Frühling ein Lied?
Wer kann, soll auch Berge erklimmen;
wer nicht ... trällert eben hinied′.

© Luzie Rudde

Freitag, 1. März 2024

Kalenderblatt 03v2024: Winter ade!

Abraham Neumann (Galizien 1873 – Krakau 1942, umgekommen):
„Winterlandschaft“, ausgestellt a. d. Münchner Sezession 1908;
farbige Abbildung in J.J.Webers Illust. Zeitung Bd. 130; gemeinfrei.
(Verbleib des Gemäldes - unbekannt; Zeitung ist im Besitz des Verfassers)

 

 Winter ade!

Vom Eise befreit
war′n damals die Bäche –
vor einem Jahrhundert,
zu Frühlingsbeginn.

Und heut sind sie frei
das ganze Jahr über –
hat Gretels Bemühen
denn gar nichts bewirkt?

Vielleicht bleibt es mild ...
womöglich wird′s rauer;
vielleicht kommt ein Regen,
der alles macht nass?

Prognose, die baut
auf einfacher Formel:
es ändert sich′s Wetter –
sonst bleibt es, wie′s ist.

 

 


Kalenderblatt 03/2024 – Winterlandschaften
Verse © Wolfgang Herrmann al. Elbwolf

Donnerstag, 22. Februar 2024

Bernsteinaugen

 

′Lex′ in Erwartung seines Herrchens.
Foto: Peter Trimming (British Wildlife Centre, Newchapel, England):
Aufnahme vom 16.04.2011; via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 4.0.


 

Bernsteinaugen

Du schaust mich an mit deinen Bernsteinaugen.
Ganz unverwandt streift mich dein träger Blick.
Du wirst mich meiner Sinne noch berauben.
Nimmst mir die Ruhe und schaust nie zurück.

Du bist Verführung. Unter meinen Händen
Wölbt sich dein Kopf, ich spür das zarte Fell.
Du willst bedingt nur deine Liebe spenden,
Du bist autark und bist es prinzipiell.

Wie soll ich leben zwischen den Gefühlen?
Du schenkst dich niemals; nein, du bleibst nur du.
Du willst mit mir wie mit dem Mäuschen spielen.
Voll Trauer lächle ich und schau Dir zu.

Ich kann dich nicht in meinen Armen halten,
Du fauchst und kratzt, willst wutentbrannt nur gehn.        
Doch meine Leidenschaft wird nie erkalten.
Du kommst zurück, gewiss, heut Nacht um zehn.

© A. Weinhart

Samstag, 17. Februar 2024

Regen und Traufe

“Familie im Starkregen“ – engl. Sammlung von Lithographien.
Foto: Welcome Library, London. Eingestellt: 5.11.2014. Liz.: CC BY 4.0



Aus dem Regen nicht noch in die Traufe

Ein dunkel-schwarzes Regenband
Zieht über unser deutsches Land,
Und das fast immer her von Westen
In den recht staubig-trocknen Osten,
Lässt hier das Volk von Wasserresten,
Die trotzdem durchkommen, noch kosten.
Dabei versprach die Erste Hand
Ein Blühen doch dem ganzen Land.

Nun ist die Welt auch sonst nicht heil
Und manche Sachen sind nicht feil:
Ihr Absatz müsste sich schon lohnen.
Ich lasse euch nicht länger raten:
Noch meint man aber nicht Kanonen,
Man meint vorerst einmal Granaten!
Kanonen wären auch recht geil –
Sie werden später uns zuteil!

Wünscht lieber euch ein hellres Licht –
So etwas hat ′ne Ampel nicht!
Man macht zwar Dampf auch mit Traktoren,
Eventuell mit Trillerpfeifen
Doch sind für andres wir geboren
Und nicht, um Bürger anzugreifen.
Der Bürger ist dies Jahr erpicht
Und setzt sein Kreuz auf lange Sicht!

© elbwolf

Freitag, 9. Februar 2024

Elfenkrokusse

Elfenkrokus (Crocus tommasinianus); Standort: 53°33‘ N, 9°58‘ E;
Foto: L.B.Tettenboom, 9.2.2008); via Wikimedia; Liz.: CC BY-SA 3.0;
(durch Versamung ist dieser Krokus im der Lage, große Kolonien zu bilden)


Elfenkrokusse

Es gibt die Krokusse in vielen Arten,
in weiß, in violett, in gelb und blau;
sie wachsen wild, doch auch in deinem Garten –
in der Natur halt einmal Rundumschau!
Den Krokus lieben Bienen wie auch Hummeln:
du musst nur leise sein – und hörst sie brummeln.

© Luzie Rudde

Donnerstag, 1. Februar 2024

Kalenderblatt 02v2024: Faschingsnummer

Leo Rauth (1884-1913): Im Rampenlicht (1911);
Innentitel von J.J.Weber‘s Illustrierter Zeitung, Faschingsnr. 12.02.1914.
Liz: gemeinfrei; Zeitungsnummer 3685 im Besitz des Verfassers.

Achtet mir auf Harlekin!

Zählt nach: vor hundert und zehn Jahren
Erschien das Spreestädtchen Berlin
Noch ziemlich friedvoll im Gebaren –
Doch schaut auf diesen Harlekin!

Und zwar genau – auf die Figur:
Scheint sie nicht etwas euch zu sagen?
Nur angedeutet ist die Spur,
Als wollte Harlekin was wagen.

Das hat er auch, denn die Kanonen,
Die sind ringsum schon aufgestellt:
Die Welt, in der sich’s ließe wohnen,
Ist die, die bald in Trümmer fällt. ---

Was soll ich euch noch viel erzählen?
Ich bin sie müde, die Routine …
Gibt es drum nächstens wen zum Wählen,
Wähl‘ ich bestimmt die Kolombine!


 

Kalenderblatt 02/2024 –"Faschingsnummer"
(mit Bezugnahme auf das Jahr des Beginns des I. Weltkriegs)
Verse © Wolfgang Herrmann al. elbwolf

Dienstag, 23. Januar 2024

Winterkunst

Urheber: 4028mdk09: Gelb blühender Winterjasmin (Jasminum nudiflorum);
Foto: Heidelberg, 07.03.2010; via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 3.0


Winterkunst

Äste und Zäune Raureif umhüllt
Glitzernde Pracht im Spiegel
Grell strahlenden Lichts.
Sonnenbrillentag. –

Spinnennetz hat die Tarnkappe verloren,
Kraftvolles Werk aus Kristall.
Vergänglich kalte
Winterkunst.

Hagelzuckerrand an den Blättern.
Einzelnes, leuchtendes Gelb
Im Dickicht der Hecke.
Winterjasmin,

Den der Winter schon lange narrte,
Schaut mit erstarrtem Blick
Auf das Ende
Vereister Schönheit.

Heckenrosenroter Streifen Licht
Östlich hinter dem Turm
Eröffnet den Tag
In winterlicher Pracht.

© A. Weinhart

Dienstag, 16. Januar 2024

Luises Abendlied

Foto: Stephan Czarnowski: Brocken, Sonnenuntergang (16.01.2012);
via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 3.0

 

In memoriam – zum Gedächtnis


Luise Pinc geb. Seifert,
aus dem Ort Satzung (südlich Marienberg/Erzgebirgskamm)
* 15.12.1895; † 24.10.1982

Sie war zu ihrer Zeit bekannt als ″Tischer Mad″; war Tochter eines Maurers. Sie besuchte in Satzung die Schule und arbeitete anschließend als Hausgehilfin. 1920 verheiratete sie sich mit dem Schuhmacher Anton Pinc. Sie schrieb Gedichte und Erzählungen in erzgebirgischer Mundart. Zu ihren Gedichten hat sie teils selbst eine Weise verfasst, teils sind die Verse von regionalen Liedermachern vertont worden, und sie hat mit ihren Töchtern diese Lieder selber auf Veranstaltungen vorgetragen.
Zu ihrem 60. Geburtstag wurden Luise Pinc als „Heimatdichterin“ Ehrungen und Anerkennungen ausgesprochen. Eine kleine Bibliographie ist im Buch ″Stimmen der Heimat″ des Musikverlags Friedrich Hofmeister, Leipzig, 1965, enthalten. Das Buch enthält auch zwei von Luise Pincs Gedichten, von denen eines hier in der ursprünglichen Mundartform wiedergegeben wird; daneben ist eine hochdeutsche Nachdichtung gestellt.
                                                      Quelle: s. das angegebene Buch auf S. 159, 377, 390, 410


Luise Pinc (1956):
Obndlied

Nachdichtung (2024):
Abendlied


Dr Wald is schlofen gange –
zenstrüm is friedliche Ruh,
un meine gruße Sehnsucht
deckt aah de Nacht mit zu.

Vom Dorf haar Glockenlaiten,
de Starn ziehe auf zer Nacht,
un übern Barg haar lechten
viel Lichter aus’n Schacht.

Es rüsten sich de Bargleit
derham zer nachtlichn Schicht,
Glückauf! Glückauf! mög scheine
racht hall ihr Grubenlicht.

Un hinnern Baam dr Monden,
daar guckt zun Fanster rei –
ganz ruhig ward’s in Haisel,
mei Kindel schlöft aah ei.

             
Mundartdichtung: Luise Pinc


Der Wald ist eingeschlafen –
Ringsum herrscht friedlich Ruh,
und mein so großes Sehnen
deckt auch die Nacht mit zu.

Vom Dorf klingt Glockenläuten,
am Himmel Sterne stehn;
die Lichter jedes Schachtes
sind klar am Berg zu sehn.

Es rüsten sich die Bergleut
daheim zur Abendschicht
Glückauf! Glückauf! Es leuchte
recht hell ihr Grubenlicht.

Der Mond hinter den Bäumen,
der schaut zum Fenster rein –
ganz ruhig wird’s im Häuschen,
jetzt schläft mein Kleines ein.

     Nachdichtung: W. Herrmann/elbwolf


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Anmerkungen:
Nachdichtung? Aber ja, denn einige Mundart-Bestandteile lauten völlig anders als in der Hochsprache. Ein Baier oder ein Friese (nur zum Beispiel) sollen doch nicht leer ausgehen müssen!
Insgesamt ist eine Übertragung zwischen zwei Hochsprachen (bzw. eine Nachdichtung) sozusagen ‘einfacher‘, weil man über Möglichkeiten einer breiteren Wortwahl verfügt, als zwischen Volksmund und Hochsprache, zumal wenn man beide Versionen – wie hier – nebeneinanderstellt und dem Leser einen direkten Vergleich ermöglicht.
In ‘Obndlied‘ wird eine gewisse Belebung der Strophen durch immer wieder andere Gestaltung der zweiten Verse erreicht; in der Nachdichtung sind alle vier Strophen rhythmisch völlig gleich, was der im Text beschriebenen Ruhestimmung entspricht.
Für die Ermittlung des Sterbedatums von Luise Pinc anhand der Kirchenbücher bedanken wir uns bei Herrn Pfarrer Freier vom Pfarramt Marienberg.